Einleitung
Wenn ich jetzt zurückblicke, dann ist es wirklich erstaunlich, was sich durch die Männer-Arbeit in meinem Leben geändert hat. Wenn ich mich mit dem Mann von damals vergleiche, dann sehe ich einen völlig anderen Mann.
Naja, vielleicht nicht völlig anders, aber ich habe jetzt ein komplett anderes Verständnis von mir, der Welt und meiner Beziehung zu Frauen.
Früher, da hatte ich überhaupt kein Gefühl dafür, was es bedeutet ein Mann zu sein geschweige denn was es bedeutet in guter Mann zu sein.
Ich bin ohne Vater und ohne positive männliche Vorbilder groß geworden. Ich habe mich dabei an verschieden, teilweise sehr unterschiedlichen männlichen Rollenbildern und Glaubenssätzen über Männer orientiert.
Ich habe alles zwischen den Extremen bzw. der Klischees des Machos und des Softies ausprobiert, aber auf Dauer hat es mich nicht zufrieden gestellt.
Die Wende kam mit Ende 40
Mit Ende 40 bin ich dann schließlich, ausgelöst durch eine sehr schmerzhafte Trennungssituation zur Männer-Arbeit gekommen. Ich habe damals mit meinem ältesten Sohn ein Vater-Sohn-Wochenende bei ZIPAT besucht und bin zum ersten Mal mit der speziellen Energie im Kreis der Männer konfrontiert worden.
Konfrontiert deswegen, weil es für mich damals nicht selbstverständlich war, mich zu zeigen und schon gar nicht unter Männern. Ich habe mich dann aber schließlich darauf eingelassen und konnte für mich einiges mitnehmen.
Besonders intensiv habe ich die Schwitzhütte in Erinnerung. Völlig nackt krochen wir im Morgengrauen, noch vor dem Frühstück hinein. In der völligen Dunkelheit und in der beißenden Hitze konnte ich loslassen. Die Trauer über die Trennung, den Schmerz des verstoßen worden sein. Tränen flossen in Strömen.
Das Beste war, das ich mich überhaupt nicht dafür schämte. Ich war voll im Gefühl und zeigte mich vor anderen Männern und ich schämte mich nicht dafür ich konnte es zulassen. Das war bis dahin undenkbar für mich.
Unbewusst fühlte ich mich sicher und geborgen. Eine wunderbare Erfahrung.
Später machten wir dann eine Körper-Atem-Session die bei einigen Männern im Innern heftige Gefühle ausgelöst hat. Es kamen alte Emotionen hoch, die Vaterwunde wurde spürbar. Viele Männer waren stark im Gefühl. Ein Mann fiel mir besonders auf, ein Kerl wie ein Bär, gut und gerne einen Kopf größer als ich.
Wir lagen uns plötzlich in den Armen und heulten gemeinsam, ließen unseren Gefühlen freien Lauf ohne, dass wir dafür ausgelacht oder anderweitig beschämt wurden.
Das waren damals ganz besondere Erfahrungen und mir war klar, davon möchte ich noch mehr.
Die wunderbare wilde Welt der Männer
Im selben Jahr noch bin ich auf ManKind Project (MKP) gestoßen und habe dann im März 2007 das New Warrior Training Adventure (NWTA) durchlaufen. Es war ein intensives Initiations-Wochenende, das mich emotional und körperlich stark gefordert hat. Es hat mich aber auch sehr nah zu mir selbst gebracht, zu meiner Essenz als Mann und als Mensch.
Ich habe mich dann sehr stark ehrenamtlich in der Männerarbeit engagiert und hunderte von Männern als Stabsmann beim NWTA bei deren Initiation begleitet.
Ende 2007 habe ich mit einem anderen Mann zusammen eine MKP-Männergruppe in Mainz gegründet und dort alle 14 Tag die Energie im Kreis der Männer fühlen können. Ich konnte dort meine eigene Innere Arbeit machen, aber auch andere Männer begleiten, das gleiche zu tun.
Rückblickend kann ich sagen, dass mich die Männer-Arbeit in den folgenden 5 Lebensbereichen positiv verändert hat.
1. Ich habe Zugang zu meinen Gefühlen bekommen und kann mit ihnen umgehen
Früher war ich emotional sehr blockiert. Wie viele Männer war ich sehr verstandesorientiert unterwegs und konnte meinen Körper und meine Innenwelt nicht spüren.
Gefühle waren etwas Unangenehmes. Gefühle zu zeigen machte mich verletzlich und angreifbar.
Dennoch hatte ich viele unaufgelöste Themen, die mich im realen Leben immer wieder eingeholt und behindert haben. Ich war aber damals nicht bereit und auch nicht in der Lage das anzugehen bzw. damit umzugehen.
Durch die Männer-Arbeit bin ich mit den vier männlichen Grund-Archetypen in Kontakt gekommen und mit den vier zugeordneten Grundgefühlen: Freude, Wut, Angst und Trauer.
Hier waren alle Gefühle willkommen und ich war mit meinen Gefühlen willkommen. Eine unbeschreibliche und neue Erfahrung für mich.
Ich habe gelernt diese Gefühle bewusst in mir wahrzunehmen und sie auch zuzulassen. Früher habe ich z.B. oft meine Wut unterdrückt. Ich habe sie oft gar nicht gespürt, aber andere Menschen haben wahr genommen, dass ich da auf einer emotionalen Ladung sitze und dass da etwas in mir brodelt und schwelt.
Manchmal kam diese Ladung dann schlagartig nach Außen und ich hatte einen unkontrollierten Wutausbruch. Hinterher ging es mir dann schlecht und ich schämte mich dafür.
Heute lasse ich meine Wut zu. Ich lasse sie heraus, aber auf eine Weise, dass sie nicht zerstörerisch auf meine Umwelt wirkt. Das ist für mich sehr befreiend und ich habe bemerkt, dass ich gar nicht mehr so oft wütend bin.
Ein anderes Grundgefühl, dem ich mich gestelt habe ist die Angst. Angst schnürt dich ein und hält dich davon ab die Dinge zu tun, die du gerne tun würdest, dich aber nicht traust, aus welchen Gründen auch immer.
Dadurch dass ich mich meinen Ängsten gestellt habe und von guten Männern darin begleitet wurde habe ich gelernt, dass die Angst die Herausforderung denen ich mich stellen musste, immer wesentlich größer aussehen lässt. Sobald ich einmal durch die Angst hindurch gegangen war, hat sich das Problem überhaupt nicht mehr so riesig angefühlt.
Diese Erkenntnis hat es dann in Zukunft für mich deutlich leichter gemacht mich meinen Ängsten zu stellen.
Durch diesen neuen Umgang mit meinen Gefühlen entstanden neue Qualitäten in meinem Leben. Ich spüre Mitgefühl für die Schöpfung, Leidenschaft für das Leben und die Menschen, die Lust und Bereitschaft meine Mission zu leben und vieles mehr.
2. Aussöhnung mit meinem Vater
Viele Männer leiden heute noch als Erwachsene unter einem gespannten Verhältnis zu ihrem Vater. Nicht umsonst ist der Begriff der Vaterwunde ein zentrales Thema in der Männer-Arbeit.
Nach Robert Bly fügt jeder Vater seinem Sohn diese Wunde zu. Der Umgang mit dieser Wunde ist aber für einen Mann ein wichtiger und heilsamer Schritt.
Ich bin ohne Vater groß geworden. Meine Mutter hat ihn verlassen als ich 3 Jahre alt. Obwohl sie nie schlecht von ihm geredet hat waren mir natürlich die Gründe des Verlassens bekannt.
Somit hatte ich nur eine negative Sicht auf ihn.
Ich habe mir als Kind und als Jugendlicher eingeredet, dass ich gar keinen Vater brauche und dass es mir besser ohne ihn geht. Wenn ich nach meinem Vater gefragt wurde, dann sagte ich: „Ich habe keinen Vater, nur einen biologischen Erzeuger“.
Durch die Männer-Arbeit ist mir bewusst geworden, dass ich ihn natürlich schmerzlich vermisst habe und dass ich sehr darunter gelitten habe keinen präsenten Vater zu haben.
Ich habe inzwischen viele Prozesse meinen Vater betreffend gemacht. Zuerst habe ich die Wut auf meinen Vater gespürt. Wut, dass er nicht für mich da war. Dann kam die Trauer und der Schmerz.
Danach erst konnte ich ihm verzeihen und ihn als den Menschen annehmen, der er war. Es lag nicht an mir, dass er sich nicht um mich gekümmert hat. Es waren seine Probleme mit sich und der Welt und mit meiner Mutter. Er hatte keine Gelegenheit ein gesundes Mann-Bewusstsein zu entwickeln.
Heute kann ich Liebe für meinen Vater empfinden. Ich spüre ihn energetisch hinter mir in der Ahnenreihe. Es gibt mir Kraft als Mann im Hier+Jetzt und in der Welt.
3. Ich habe meine Mission gefunden und lebe sie
Das Thema “Männer und ihre Mission” füllt Bände. Für einen Mann ist es wichtig zu definieren, was er im Leben erreichen will, sein Leben einem höheren Ziel zu widmen.
David Deida z.B. schreibt in seinem sehr empfehlenswerten Buch “Der Weg des wahren Mannes” im Kapitel “Ihr Lebensziel muss Ihnen wichtiger sein als Ihre Beziehung.”
An oberster Stelle seht immer Ihre Lebensaufgabe. Solange Sie ihre Mission nicht kennen und Ihr Leben nicht auf sie eingestellt haben, werden Sie sich innerlich immer leer fühlen. David Deida
Früher war mir gar nicht klar, dass es so etwas wie eine Lebensaufgabe, eine Mission gibt. Ich habe meinen Job gemacht und wurde meiner Rolle als Versorger gerecht. Aber es war nur ein Job für den ich zwar manchmal eine gewisse Begeisterung gespürt habe, aber mehr auch nicht.
Ich fühlte mich tatsächlich immer leerer, ohne es zu merken.
Erst nachdem sich meine Frau von mir getrennt hatte und ich auf meinen bewussten Weg zu mir selbst gekommen bin, erst da habe ich durch meine Initiation gelernt, dass es so etwas wie eine Mission gibt.
Der Gedanke hat mich dann auch nicht mehr losgelassen und ich habe dieses Thema immer mehr und immer weiter verfolgt.
Heute weiß ich was meine Talente sind, was meine Lebensvision ist. Warum ich hier bin und was ich für die Welt tun kann.
Ich bin vereinfacht gesagt in der Welt, um Menschen dabei zu unterstützen ein selbstbestimmtes und authentisches Leben zu führen, ihre eigene Schöpferkraft zu erlangen.
Die größere Idee die da hinter steht, ist meinen Teil dazu beizutragen die Welt für alle Menschen zu einem besseren und lebenswerteren Ort zu machen.
Ich lebe mein Leben als Mann und bin eingebunden in eine Vision, die größer ist als ich selbst. Das fühlt sich unbeschreiblich gut an.
4. Die Loslösung von der Mutter
Wenn ein Mann keine gesunde Ablösung von der Mutter erfahren hat, wenn er sozusagen nicht das Mutterland verlassen hat und in der wunderbaren wilden Welt der Männer gelebt hat, dann kann er kein richtiger von Frauen unabhängiger Mann werden.
Er ist dann nicht wirklich erwachsen.
Der Diplom-Psychologe Roland Kopp-Wichmann beschreibt in seinem Buch “Frauen wollen erwachsene Männer” die Symptome der mangelnden Ablösung und wie man sie als Mann noch erreichen kann.
Die mangelnde Ablösung des Mannes von seinen Eltern zeigt sich oft in Kleinigkeiten. Hat der dem Lebensalter nach erwachsene Mann diese Ablösung nicht vollzogen, kann das die Paarbeziehung empfindlich stören. Roland Kopp-Wichmann – Klappentext
Im Alter von zehn Monaten wurde ich auf Drängen meines Vaters zu meiner Oma gegeben, damit meine Mutter wieder arbeiten gehen kann. Das hat bei mir ein Ur-Trauma ausgelöst.
Unbewusst habe ich dann in meinen späteren Beziehungen zu Frauen immer auch diese Bedürftigkeit nach weiblicher Energie und Fürsorge ausgelebt.
Da war die Energie des kleinen Jungen, der die Mutter vermisst.
Es ist klar, dass dies in hohem Maße ungesund ist für eine Mann-Frau-Beziehung auf Augenhöhe. Wenn Frauen diese Bedürftigkeit spüren, und sie werden sie spüren, zumindest unbewusst, dann verlieren sie den Respekt vor dem Partner, sie können ihm nicht mehr vertrauen und die Beziehung wird früher oder später in die Brüche gehen.
Sam Keen schreibt dazu in seinem Buch “Feuer im Bauch”
In dem Maße, wie “Mutter” weiter ihr Schattendasein im Leben eines Mannes führt, wird er sich und alle Frauen durch die Augen seiner Mutter betrachten. Und genau wie früher, als er alles für Mutter tat, immer in der Angst vor ihrer Missbilligung und in der Hoffnung auf ihre Anerkennung, wird er sich jetzt Mühe geben, um den derzeitigen Frauen in seinem Leben zugefallen, wird weiter versuchen, seine Sache möglichst gut zu machen. Die Größe seines Egos und die Größe seines Penis wird sich danach richten, was er in dem von ihr vorgehaltenen Spiegel erblickt.
Dieses Loslösen von der Mutter ist der tiefere Sinn einer Initiation. Die Initiation ist ein Übergangs-Ritus vom Jungen zum Mann. Der Junge wird von anderen reifen Männern aus dem “Mutterland” entführt und in die Welt der Männer eingeführt. Er kann der Mutter jetzt als Mann gegenübertreten. Die Mutter hat den Jungen verloren, aber einen Sohn gewonnen, der jetzt als Mann in die Welt treten kann.
Durch meine eigene Initiation und meine intensive Männer-Arbeit habe ich gelernt als Mann auf eigenen Beinen zu stehen, getragen von der Energie im Kreis der Männer.
Heute kann ich aus dieser Energie heraus als erwachsener Mann einer erwachsenen Frau begegnen und mit ihr eine gesunde Beziehung auf allen Ebenen führen.
5. Ich habe meine Angst vor anderen Männern und vor der Aggression verloren
Da ich ohne Vater und ohne andere gute männliche Bezugspersonen aufgewachsen bin hatte ich auch keine Vorbild dafür wie ich mit Wut und Aggressivität umgehen soll.
Aggression ist ja zunächst mal nichts Negatives. Es kommt wie bei allem im Leben darauf an wie ich damit umgehe.
Aggression ist ein in Tieren (einschließlich Menschen) verankertes, biologisch fundiertes Verhaltensmuster zur Verteidigung und Gewinnung von Ressourcen sowie zur Bewältigung potenziell gefährlicher Situationen. Wikipedia
In unserer Gesellschaft wird Aggression meist als etwa negatives angesehen. Durch die Frauenbewegung meist als negative männliche Eigenschaft.
Früher hatte ich oft Angst vor anderen Männern, vor deren Wildheit und Unberechenbarkeit. Aber ich hatte auch Angst vor meiner eigenen Wildheit und Unberechenbarkeit die tief unten im Schatten lauerte, die ich mir aber nicht eingestehen wollte. Ich wollte ja ein guter Junge sein und zu diesem Bild passt kein aggressives Verhalten.
Durch die Männer-Arbeit habe ich gelernt mit diesen aggressiven Anteilen, die für einen Mann unabdingbar sind, wenn er in der Welt bestehen und seine Mission leben will, umzugehen und sie zu kanalisieren und als Energielieferant und Motor für mich zu nutzen.
Fazit
Mir ist durch das Schreiben dieses Artikels noch mal bewusst geworden wie wunderbar doch die wilde Welt der Männer ist. 🙂
Ich wäre nicht der Mann der ich heute bin, wenn ich nicht durch diese vielen heilsamen und nährenden Prozesse hindurch gegangen wäre.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ich meine Innere Arbeit und meine Persönlichkeits-Entwicklung nicht nur im Rahmen der Männer-Arbeit gemacht habe. Das wäre mir zu einseitig gewesen. Es ist auf jeden Fall wichtig die gesamte Palette der Möglichkeiten zer Weiterentwicklung zu nutzen.
Für mich als Mann ist die Männer-Arbeit unbedingt notwendig gewesen um meine männliche Essenz zu erfahren und mein Verständnis des Mann-Seins zu erlangen und zu leben.
Bin ich heute an einem Punkt angelangt, an dem ich keine Männer-Arbeit mehr brauche?
Natürlich nicht.
Die eigene Entwicklung hört bekanntlich nie auf. Nach dem Auflösen der alten Blockaden und Dramen beginnt erst das eigentlich Innere Wachstum, sozusagen die Ernte der mühevollen Selbstarbeit.
Wie sagen wir bei MKP so schön: Die Reise geht weiter. Aho!
Dieser Artikel nimmt an der BlogParade von Martin und Sven von Maennlichkeit Stärken teil.
http://www.maennlichkeit-staerken.de/mann-sein/maennlichkeit
Es geht darum ein großes Wissensnetzwerk zum Thema Männlichkeit im deutschsprachigen Raum aufzubauen. Dabei haben sich mehr als 70 Blogger, Experten oder Menschen, die einfach etwas zu sagen haben, zusammengefunden, um ihre Erfahrungen zum Thema Männlichkeit und Weiblichkeit zu teilen.
Einige Beispiele findest du hier:
- Auf was stehen Frauen im Bett? 5 Dinge die du unbedingt wissen musst! bei lovebetter.de
- John mit seinem Artikel Männer, die auf Frauen starren
- Warum bin ich Single? Was die wenigsten über die wahren Gründe wissen von Anna
- Andi von andi-mittermaier.de mit dem Artikel Männer müssen Helden sein
- So kannst du in einer Beziehung deine wahre Männlichkeit leben von Samuel (datingmitherz.de)
- quality-lifestyle.de mit dem Artikel Männlichkeit leben – Was es heißt, ein Mann zu sein
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