Männer im Wald

Mankind Project liefert Werkzeuge, um als Mann im Alltag besser bestehen zu können.

Foto: Pixabay | werner22brigitte

Burnout, Entkräftung oder Sinnkrise – dem westlichen Volk des 21. Jahrhunderts erkrankt die Seele. Statistiken der Betriebskrankenkassen belegen es genauso wie Untersuchungen der Gewerkschaften. Die Folge ist ein Gesellschaftstrend: Immer mehr Menschen sehnen sich nach Sinn in ihrem Leben. Aber: Konsum und Kirche liefern nicht, was die Menschen brauchen.

Allerdings: Eine neue Bewegung ist auf dem Weg. Der „Kreis der Männer“, wie sich der Deutschlandverein der weltweiten Organisation Mankind Project nennt, hat Werkzeuge entwickelt, die vorbeugend oder sogar im Krisenfall wirken. Vor dem Seelenchaos schützen sollen. Zumindest behauptet das einer, der seit mehr als 20 Jahren dabei ist; und hat Anfang 2000 mitgeholfen hat, das „wirksame Produkt” aufzubauen – wie ein französisches Psychologie-Magazin das „New Warrior Training Adventure” (NWTA) beschreibt.

Volker Ellspermann bringt Licht in das 48-stündige Training in Abgeschiedenheit, das Seelen retten soll.

„Früher wurde jungen Männern der Übergang vom Kindsein ins Erwachsenenalter mit Ritualen erleichtert”,

erklärt der 50-Jährige Frankfurter. Heute gibt es diese Initiationen nicht mehr. Lediglich bei Naturvölkern in Afrika oder im Regenwald nehmen Väter und Onkels ihre Söhne beiseite, um sie auf das Mannsein vorzubereiten.

Männer der westlichen Welt bekommen oft keinen Plan. Sie wissen oftmals nichts mit ihrem Leben anzufangen oder kommen an den Punkt, an dem sie sich zwischen Job, Familie und gesellschaftlichen Ansprüchen zerreiben. „Sie wissen nichts darüber, welche Risiken Entscheidungen und Nicht-Entscheidungen in sich bergen und wie sie diese meistern können”, verdeutlicht Ellspermann, auf was es beim NWTA ankomme: Eine persönliche Lebensidee zu kreieren und diese konsequent und integer zu verfolgen.

Auf dem NWTA können sie diese Antworten finde. Gespickt mit Elementen der Lakota-Sioux Indianer halten sie Schwitzhütten ab oder schauen sich prägende Lebenssituationen in systemischen Aufstellungen an. Diese Arbeit basiert unter anderem auf Erkenntnissen des Schweizer Psychiaters Carl Gustav Jung und trägt Elemente der Archetypenlehre in sich. „Mankind Project oder das NWTA sind aber keine Therapie”, sagt Ellspermann. Männer, die sich initiieren lassen, erhielten lediglich Werkzeuge, mit denen Sie im Alltag an sich arbeiten können. Selbstreflektion ist das Stichwort.

„Auf dem Trainings-Wochenende schauen sich die Männer an, wie ihr Leben bislang läuft und definieren ihre persönliche Mission”,

erklärt der ehemalige und langjährige MKP-Vorstand, der mehr als 50 Trainings rund um den Globus als Stabs-Mann begleitet hat. Für 35 Initianten stehen auf einem NWTA rund 50 Männer bereit, die das Training organisieren und durchführen. Alle ehrenamtlich. Lediglich die Wochenendleiter bekommen eine Aufwandsentschädigung.

Mehr als 100 Männer haben im vergangenen Jahr in Deutschland und der Schweiz ein Training absolviert. Seitdem MKP vor gut zwei Jahrzehnten in US-amerikanischen Militär-Basen im Raum Frankfurt erstmal Trainings veranstalte, sind weit mehr als 1000 Männer durch das Wochenende gegangen. Weltweit dürften rund 80.000 Männer ihre Initiation hinter sich gebracht haben.

Gelobt wird das therapeutisch wirkende „Produkt” auch deshalb, weil es Nachsorge liefert. So treffen sich von Hamburg bis München in zwei Dutzend „I-Groups” im zwei- oder dreiwöchigen Rhythmus Männer zur „Psychohygiene”, wie Ellspermann scherzt. Für viele seien diese Abende so wichtig wie der halbjährliche Zahnarztbesuch. Dort könnten Alltagsprobleme ausgetauscht und an den auf dem NWTA gefunden Missionen gearbeitet werden.

Sprich: Jeder kann sich im Kreis der Männer regelmäßig überprüfen, ob sein tägliches Handeln mit dem eigenen Lebensziel korrespondiert.

„Diese Missionen können ganz unterschiedlich sein”,

weiß Ellspermann. So wie die Männer, die sich treffen. Ärzte, Anwälte, Handwerker, Unternehmern, Juristen, Lehrer, Ingenieure, kirchliche Mitarbeiter und Informatiker finden sich im Kreis der Männer genauso wie Arbeitslose, ehemalige Alkoholiker oder Krebserkrankte. Sie alle verbindet der Wunsch, bewusster zu Leben und im seelischen Gleichgewicht zu bleiben.

Entwickelt wurde das NWTA im Übrigen vor gut 30 Jahren von drei Amerikanern. Zwei Psychologen und einem Ex-Marine. Die derzeit am stärksten wachsende Gemeinschaft findet sich in Frankreich. In Deutschland werden pro Jahr drei Trainings abgehalten. In der Schweiz zwei. Wer MKP in die Schublade Sekte steckt oder gar eine eigene Religion dahinter vermutet, wird enttäuscht. Bereits in den 1990er Jahren hat der britische Sektenbeauftragten MKP geprüft und absolut nicht als fanatische Religionsgemeinschaft oder Sekte eingestuft.

Mit einem Jahresetat von rund 90.000 Euro (2013) arbeitet MKP Deutschland e.V. Davon bezahlt der Verein die Kosten für die NTWAs, Aufwandsentschädigungen für die Wochenendleiter, führt Lizenzgebühren an MKP International ab und betreibt seine Webseite. Einen Oberguru gibt es nicht, genauso wenig wie dicke Schweizer Bankkonten oder einen Gott. Ein NWTA kostet jeden Teilnehmer 570 Euro. Alle ehrenamtlichen Stabsmitglieder bezahlen 140 Euro für Unterkunft und Verpflegung.

Eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung wird jährlich an die MKP-Vereinsmitglieder verteilt. Gut ein Drittel der NWTA-Teilnehmer geht nach dem Training in die I-Group und nimmt als Stabsmitglied an weiteren Wochenenden teil.

Für eine interne Weiterbildung kann sich jeder entscheiden, der das NWTA absolviert hat. Dieser sogenannte Leadertrack beinhaltet vier Seminarwochenenden zur Qualifizierung und eine Begleitung durch einen Mentor. Nach ca. 20 Teilnahmen als Stabsmitglied und den Weiterbildungseinheiten können auf dem NWTA Führungsaufgaben übernommen werden.


Stand: November 2014

Über Michael Sudahl 4 Artikel
Michael Sudahl ist gelernte Banker und Journalist. Er beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Kommunikation und Wahrhaftigkeit.

Er berät Firmen und Organistionen in internen und externen Kommunikationsfragen, erstellt Magazin, schreibt Fachartikel und moderiert Prozesse rund um Strategie, öffentliche Wahrnehmung und Unternehmenskultur.

Außerdem arbeitet er als Bartmodel!

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*